Rundgang: Güterbahnhof Weidendamm

Der ehemalige Hauptgüterbahnhof am Weidendamm mit seiner rund 40.000 qm großen Abfertigungshalle wurde Ende der 30er Jahre errichtet um das steigende Verkehrsaufkommen im Stückgutbereich bewältigen zu können. Durch den konkurierenden LKW- und Containerverkehr wurde er in den 80er Jahren bedeutungslos und wurde 1997 endgültig aufgegeben. Seitdem steht der gesamte Gebäudekomplex bis auf das markante Hochhaus am Südende leer.

Hauptgüterbahnhof

In Karte anzeigen | als Luftbild zeigen

Das riesige Hallengebäude und die verfallenen Gleisanlagen am Nordende sind, mit Ausnahme des Rangierbahnhofes Hainholz, der letzte erkennbare Rest von über 120-Jahren Industrie- und Bahngeschichte in der Nordstadt. Bereits am 1. Oktober 1877 wurde für Stückgut die "Güterabfertigung Nord" und für Massengüter der "Rohgüterbahnhof Möhringsberg" eingerichtet. Der Bahn folgte die Industrie und mit ihr die benötigten Arbeiter, für die im noch jungen Stadtteil immer mehr Wohnungen gebaut wurden. Das Frachtaufkommen stieg mit dem Ausbau der Verkehrs- und Handelswege stark an.

Nach einem Großbrand im Jahr 1930, bei der 20.000 qm Lagerfläche und 175 Güterwagons zerstört wurden, werden die ursprüglich getrennten Dienststellen zum "Hauptgüterbahnhof Hannover" zusammengelegt. Ende der 30er Jahre wurde dann eine der größten und modernsten Güterhallen Europas in Betrieb genommen in der täglich bis zu 2000 Tonnen Stückgut umgeschlagen wurden.

Gegen Ende des 2. Weltkrieges werden große Teile der Anlagen durch Bombenangriffe erneut zerstört. Der 1950 begonne Wiederaufbau konnte erst 1958 abgeschlossen werden. Danach zählte der Hauptgüterbahnhof Hannover zu den größten Dienststellen der Deutschen Bundesbahn. Täglich konnten bis zu 390 Güterwagons be- und entladen werden. Rund 400 Mitarbeiter sorgten für einen reibungslosen Ablauf.

Güterhalle

In den 80er Jahren begann der schrittweise Rückzug der Bahn aus der Nordstadt. Als erstes stellte der Rohgüterbahnhof Möhringsberg seinen Betrieb ein. 1997 wurde dann auch das Güterfrachtzentrum am Weidendamm geschlossen. Der Ausbau des S-Bahn-Netzes, welcher der Nordstadt einen eigenen Bahnhof beschehrte, konnte daran wenig ändern.

Zur EXPO2000 zeigte der deutsche Kunstprofessor Gerhard Merz im Güterbahnhof seine Lichtinstallation "Hannover" (ein begehbarer, 42x18m großer, mit über 17.000 Neonröhren bestückter, Lichtpavillion). Dieser wurde nach der Weltausstellung planungsgemäß wieder demontiert. In den Folgejahren fanden in der Halle gelegentliche House- und Technopartys (Reincarnation 02, OsterMegaRave 03, OsterMegaRave 04, u.a.) statt. Dazu reisten regelmäßig musik- und tanzbegeisterte Raver aus ganz Europa an. Umbaupläne des Eigentümers und Dauerstreit mit der Stadt Hannover führten ab 2004 jedoch zur endgültigen Schließung dieser Location. 

Im September 2011 öffnete außerhalb des ehemaligen Bahngeländes der Club Weidendamm mit Veranstaltungen für verschiedene Musikrichtungen wie Soul, Funk, Indie oder auch Elektro.

Zur Nachnutzung der Industriebrache wurden verschiedene Konzepte entwickelt, von denen jedoch keines zum Durchbruch gelangte. Ein im Jahr 2001 von der Deutschen Bahn AG entwickeltes Konzept sah die Unterbringung von Lagerflächen und Probebühnen des Nds. Staatstheaters sowie einen Branchenmix aus Baumarkt und weiteren Gewerbe­flächen vor. Doch schon bei der Aufstellung des Konzeptes zeigte sich, dass diese Nutzungsvariante wirtschaftlich nicht tragfähig war. Eine 2003 vom Eigentümer aurelis in Auftrag gegebene Standortanalyse sah aufgrund der isolierten Nebenlage ebenfalls nur bedingt Anknüpfungspunkte für die Entwicklung hochwertiger Nutzungen. Als erfolgs­versprechend wurde hier die Entwicklung eines Nahversorgungs­zentrums sowie die Ansiedlung eines Baumarkts eingestuft. Die Stadtverwaltung sprach sich jedoch aus Gründen der Stadtentwicklung gegen diesen Vorschlag und für eine freizeit­orientierte oder kulturelle Nutzung aus, jedoch ohne diese Pläne zu konkretisieren.

Masterplan Weidendamm

Mit dem 2008 erfolgten Einzug der neuen Posthauptfiliale im südlichen Gebäudeteil deutete sich die Entwicklung in Richtung eines Dienstleistungszentrums an. Als Arbeitsgrundlage diente ein Masterplan, der eine Nutzung im Bereich Kultur, Freizeit und Sport vorsah. Die darauf gegründete Hoffnung, weitere Investoren zu gewinnen mit denen eine Revitalisierung des Geländes vorangetrieben werden kann, wurde aber enttäuscht.

Im Sommer 2009 wurde der Versuch um Aufnahme in das Förderprogramm „Stadtumbau West“ unternommen. Überflüssige Gebäude sollten abgerissen, die Böden saniert, Versorgungsleitungen verlegt und Erschließungs­straßen gebaut werden. Mit dem ablehnenden Bescheid vom 16.06.2010 scheiterte auch dieser Plan.

Im Jahr 2010 keimte der Plan auf, den Veranstaltungsbereich des sanierungsbedürftigen Raschplatz-Pavillons hierher umzusiedeln. Außerdem wurde eine zusätzliche Ausstellungsfläche (Niki de Saint Phalle Halle) für das Spengelmuseum vorgeschlagen. Auch aus diesen Plänen wurde nichts.

Im Januar 2011 äußerte der damalige Basketball-Zweitligist UBC Tigers sein Interesse, die leerstehende Halle als Heimspielstätte auszubauen. Ratspolitiker der Grünen unterstützen diesen Vorstoß. Eigentümer Aurelis dämpfte jedoch von Anfang an die Erwartungen und lehnte den Plan schließlich wegen der ungesicherten Finanzierung ab.

Anfang 2015 begann der Eigentümer Aurelis mit dem Teilabriß der Halle. Im verbleibenden Hallenrest soll neben dem Postzentrum  Großhandel ( im Gespräch ist ein italienischer Feinkosthandel ) und eventuell auch Gastronomie einziehen.  Auf der entstehenden Freifläche plant die Post ein automatisiertes innenstadtnahes Paket-Verteilzentrum. Ob sich nebenbei eine gewerbliche Nutzung etabliert ist noch völlig offen. 

Im Juli 2016 erteilte der potentielle Mieter Adronaco dem Standort Weidendamm seine Absage. Eine Begründung gab es nicht. Spekuliert wurde über einen Strategiewechsel in der Geschäftsführung.

Im September 2017 erneuerte der italienische Feinkosthändler Adronaco sein Interesse am Standort Weidendamm. Ein Mietvertrag für die vorgesehenen 2600 qm wurde "nach langem Hin und Her" wunschgemäß unterzeichnet. Im Herbst 2018 sollen der Verkauf italienischer Produkte und der Betrieb eines Bistros auf einer mit 960 qm genehmigten Sondernutzungsfläche starten. Auch die Kletterhalle Beta des Betriebers Nordwand möchte ab Herbst 2018 in Betrieb gehen.

Im Februar 2018 bestätigte der Stadtbezirksrat Nord seine Haltung, Einzelhandel und Wettbüros aus dem Bebauungsplan Nördlicher Weidendamm auszuschließen. Auch eine mögliche Nutzung durch religiös-weltanschauliche Vereine wurde kritisch gesehen. Zustimmung fand die Entprivatisierung der Verkehrswege, die Versiegelung und Kennzeichnung entdeckter Altlasten, sowie der Betriebshofsneubau des Abfallentsorgers Aha. Über den Bebauungsplan Südlicher Weidendamm besteht dagegen weiterhin Klärungsbedarf. Einen aktualisierten Masterplan zum Entscheid konnte Aurelis auch diesmal nicht vorlegen, jedoch wurde kurz darauf bekannt, dass mit dem Fitness-Discounter McFit ein neuer Mieter gefunden wurde.  

Im März 2018 gab Aurelis bekannt, dass mit Jump One ein weiterer Mieter gefunden wurde. Das Unternehmen möchte im Herbst 2018 eine neue Trampolinhalle errichten. Der Vertrag läuft zehn Jahre.

Wegen krankheitsbedingten  Engpässen im Bauamt gerät der Umbau im Herbst 2018 endgültig ins Stocken. Bei den immer wieder hingehaltenen potentiellen Mietern wachsen Unruhe und Verärgerung. Aktueller Eröffungstermin für die Halle: Frühjahr 2019. :)