Rundgang: Lutherkirche

Die Lutherkirche wurde 1895-1898 von Rudolph Eberhard Hillebrand auf einem dreieckigen, im Zentrum der Nordstadt gelegenen, Baugrundstück erbaut. Die 1886 aus der benachbarten Christuskirche hervorgegangene Gemeinde feierte am 24. Juli 1998 ihren einhundertsten Kirchengeburtstag. Der Platz um die Kirche wurde zuvor vollständig umgestaltet. Dabei konnte auch die, im Original von 1905 erhaltene, Pferdetränke als Brunnen reaktiviert werden.

Lutherkirche

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Auffälligstes architektonisches Merkmal ist die außergewöhnlich breite Kirchturmfassade, die ursprünglich mit zwei großen 55m hohen und vier seitlichen, kleineren Turmhelmen versehen war. Auch die beiden südlichen Treppentürme waren ursprünglich mit einem spitzen Helm versehen. In Abkehr zu den damals vorherrschenden Baurichtlinien und mit Rücksichtnahme auf die Sichtbeziehungen im umgebenden Straßennetz wurde der Bau nicht geostet sondern in Nord-Süd Richtung orientiert. Dadurch konnte die vorhandene Grundstücksfläche optimal ausgenutzt werden.

Der Grundriß zeigt ein, im Verhältnis zum Querschiff, relativ kurzes Hauptschiff flankiert von zwei schmalen Seitenschiffen. Die darüber angeordneten Emporen werden durch vier seitliche Treppentürme erschlossen. An das Hauptschiff schießt sich der rechteckige Altarraum mit zwei flachen Anbauten ( Taufkapelle und Sakristei ) an. Das breite, von zwei halben Achtecken begrenzte, Querschiff tritt an den Seiten deutlich hervor. Dadurch wirkt der Bau sehr kompakt.

Im Turm sind über dem Eingangsbereich das Orgelgeschoß, das Glockengeschoß und das Galeriegeschoß mit offenen Eckfenstern eingebaut. Die drei in den Grundtönen fis, cis und e gestimmten Glocken tragen die Inschrift "Christus ist unser Friede", "O Land, Land, Land höre des Herrn Wort!" und "Eine feste Burg ist unser Gott!".

Da man sich 1948 und 1954 für eine Dachkonstruktion ohne Turmhelme entschied, wurde das äußere Erscheinungsbild der Kirche nach dem Wiederaufbau stark gestört. Dies verstärkte wiederum den, aufgrund des Grundrisses gegebenen, gedrungenen Charakter des Bauwerks.

Südlich des Chores steht eine der letzten erhaltenen Pferdetränken Hannovers, die seit 1905 im Stadtgebiet aufgestellt wurden. Sie war für die Fuhrleute gedacht, die vom Güterbahnhof kommend hier vorbeizogen. Zwischen Tränke und Kirche lag früher noch ein kleiner Kinderspielplatz, der aber im Zuge der Umgestaltung des Platzes zum 100-jährigen Kirchenjubiläum aufgegeben wurde.

Interieur

Im Eingangsbereich fällt der erste Blick auf eine lebensgroße Lutherfigur, die urspünglich aus der Eichenkreuzburg bei Bissendorf stammt und 1984 hier aufgestellt wurde. Links und rechts über den den Treppenaufgänge zu den Emporen befinden sich die Ehrentafeln für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Über der Durchgangstür zum Kircheninnenraum befindet sich ein farbiges Steinmosaik, das von der Auferstehung Christi kündet.

Im Kircheninneren fällt der Blick auf den, im Vergleich zur Christuskirche, schlichten Altar über dem auf einem breiten Sandsteinrelief die Abendmahlsszene dargestellt ist. Die Kanzel und das Taufbecken sind ebenfalls sehr schlicht gehalten. Höchst bemerkenswert sind jedoch die vielen, mit biblischen Motiven geschmückten, farbigen Kirchenfenster.

Im unteren Fensterbereich wird, in zum Teil sehr abstrakter Form, die Schöpfungsgeschichte dargestellt. ( Tag und Nacht, Land und Meer, Mond und Sterne, Mensch und Tier )

Der Fensterbereich über den Emporen ist dem Erlösungswerk Christi gewidmet. ( Christi Geburt, Gleichnis vom Weinstock, Christi Tod am Kreuz, Pfingsten - Ausgießung des Heiligen Geistes, ein Schiff - Symbol für die Gemeinde, das himmlische Jerusalem - Neues Reich Gottes ).

Kriegsschäden

Durch die Bombenangriffe auf Hannover wurde die Kirche mehrmals schwer beschädigt und am 25. März 1945 entgültig zerstört. Das Dach und der Innenraum brannten vollständig aus. Die Gewölbe waren an einigen Stellen von Spreng- und Brandbomben durchschlagen, an der Außenwand des Glockenturms war der westliche Strebepfeiler beschädigt und in Höhe des Orgelgeschosses klaffte ein großes Loch. Die steinernen Aussstattungsgegenstände ( Altar, Taufbecken und Kanzel ) wurden hingegen nur leicht beschädigt.

Wiederaufbau

Im Sommer 1946 wurde ein erstes Baugutachten zur Feststellung der Wiederaufbaufähigkeit erstellt. Die Gewölbe zeigten bereits erste Verwitterungsspuren, so das die Errichtung eines Notdaches vorgeschlagen wurde. Konkrete Sicherungsmaßnahmen lassen sich jedoch erst ab dem Sommer 1948 nachweisen. Die vom Architekten Dieter Oesterlen projektierten Arbeiten am Dach, den Gewölben und den Außenmauern konnten bereits Anfang April 1949 abgeschlossen werden. Während dessen fanden die Gottedienste in dem nach Plänen von Prof. Wickop zur Saalkirche umgestalteten Gemeindesaal in der Callinstraße statt. So auch der Gottesdienst zur 50-Jahrfeier der Lutherkirche im Juli 1948.

Nachdem 1951 erneut Sicherungsmaßnahmen an den Gewölben notwendig geworden waren, wurde im August 1954 ein neues Dach errichtet und die Gewölbekappen mit einer verstärkenden Betonschicht versehen. Zugleich wurde mit der "Wiederherstellung" des Innenraums begonnen, bei der viele der nur leicht beschädigten Ausstattungsstücke unter dem Ziel der angestebten "Modernisierung" weitgehend zerstört wurden. Diese Geringschätzung historischer Bausubstanz entsprach leider dem Zeitgeist der 50er Jahre.

Mit der Inbetriebnahme einer neuen elektrischen Läuteanlage und dem Einbau der von Emil Hammer fertig gestellten neuen Orgel konnten die Wiederaufbauarbeiten im Dezember 1957 abgeschlossen werden.

Sanierungsmaßnahmen

In der zweiten Hälfte der 60er Jahre wurden zunächst die während des Wiederaufbaus eingesetzen Industrieglasfenster sukzessive gegen neue Fenster aus Kathedralglas ausgetauscht. Anfang der 70er Jahre wurde ein umfassende Renovierung des Innenraums vorgenommen, die dessen Erscheinungsbild bis heute prägt.

Zum Ende der 70er Jahre bekam die Lutherkirchengemeinde von ihrer leibziger Patengemeinde die gläserne Lutherrosette geschenkt. Der aus der 1975 gesprengten Martinskirche stammende gläserne Fensterschmuck fand über der Orgel seinen neuen Platz.

Zur Entfernung der dunklen Patina auf den Außenmauern wurde Ende der 80er Jahre eine umfangreiche Fassadenrenovierung vorgenommen, bei der das Mauerwerk chemisch gereinigt und teilweise neu verfugt wurde.

Letzte Baumaßnahme war dann die, vor der 100-Jahrfeier durchgeführte, komplette Umgestaltung des Platzes um die Lutherkirche, bei der der Spielplatz, das Buschwerk und einige Bäume entfernt wurden. Die ehemals stark frequentierten Straßenzüge in Verlängerung der Hahnen- und Heisenstraße wurden für den Autoverkehr gesperrt und zu einer kleinen Fußgängerzone zusammengefasst. Der Platz bietet somit wesentlich mehr Raum für Märkte, Straßenfeste und andere öffentliche Veranstaltungen.

Umbaumaßnahmen

Ende 2002 wurde die Kirche unter drei weiteren Mitbewerbern als Standort für die neue Jugendkirche Hannovers ausgewählt. Die nach Ostern begonnenen Umbaumaßnahmen dauerten zirka 6 Monate. Danach konnte die Jugendkirche am Mittwoch den 22.09.2004, drei Tage vor dem geplanten Sprengel-Jugend-Kirchentag, in Anwesenheit vieler Funktionsträger aus Lutherkirchengemeinde, Stadtjugenddienst, Schulpfarramt, Stadtkirchenverband, offiziell eingeweiht werden.