Rundgang: Christuskirche

Die Christuskirche wurde 1859-1864 als neugotischer Backsteinbau von Conrad Wilhelm Hase am nordwestlichen Ende des Klagesmarktes auf dem Bereich einer versandeten Viehtränke erbaut. Sie ist der erste Kirchenneubau Hannovers nach 1747 und wurde von König Georg V. maßgeblich finanziert.

Christuskirche

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Auffälligstes architektonisches Merkmal ist der, aufgrund der geringen Ausdehnung des Bauplatzes, in das Mittelschiff versetzte Turm mit seiner 71 m hoch aufstrebenden, weithin sichtbaren, steinernen Pyramide. Die räumliche Einteilung sowie der ornamentale und biblische Schmuck der Kirche ist nach dem Fundament des christlichen Glaubens, der Bibel, gestaltet.

 

Die Nordseite der Kirche verkörpert innen und außen das alte Testament. Die Statuen links vom Eingang stellen Anfang und Ende des alten Bundes Gottes mit seinem Volk, Abraham und David dar. Geht man links um die Kirche herum, findet man über dem Nordportal des Seitenschiffes eine Darstellung der Vertreibung aus dem Paradies. Die Figuren rechts und links davon, Mose und Elias, weisen auf die Erlösung durch Christus hin.

Die Südseite verkörpert innen und außen das neue Testament. Die Statuen rechts vom Eingang stellen die Träger des neuen Bundes, Paulus und Petrus dar. Geht man rechts um die Kirche herum, findet man über dem Südportal des Seitenschiffes die Huldigung an den neu geborenen Christus durch die Könige aus dem Morgenland abgebildet. Die Figuren links und rechts davon, Engel Gabriel und Jungfrau Maria, weisen auf auf die Öffnung des Paradieses (Zugang zu Gott) durch Christus hin.

Ein kleiner Bildhauerscherz befindet sich an der Südostseite des Chores. Dort sind drei steinerne Wasserspeier angebracht, die einen Bären, einen Hasen und ein Wildschwein darstellen. Sie verewigen die drei Architekten der Kirche: Conrad Wilhelm Hase und seine Mitarbeiter Louis Wilhelm Bähr und Wilhelm Hauers.

Gegenüber dem imposanten Westportal der Kirche steht auf einer Ecklage entlang des Verbindungswegs zum königlichen Welfenschloß (dem heutigen Universitätshauptgebäude) das zugehörige Pfarr- und Gemeindehaus, welches 1906 im gleichen neugotischen Stil wie die Kirche errichtet wurde. In Inneren befindet sich das Gemeindebüro, der Gemeindesaal und der Kindergarten.

Interieur

Im Innern der Kirche erinnert ein lebensgroßes Ölgemälde an den erblindeten Kirchenstifter, der nach Annektion seines Königreiches durch Preussen (1866) mit seiner Familie ins österreichische Exil ziehen mußte von wo aus er den weiteren Ausbau der Kirche nach Kräften unterstützte. So konnten der Einbau des Geläuts (1883), der Bau der Taufkapelle (1901), der Bau der Orgel (1910) und die zwei bronzenen Kronleuchterkränze mit Hilfe der königlichen Familie finanziert werden.

Der Altar, welcher in Form eines sogenannten Opferaltars gestaltet ist, wird vom Korpus des gekreuzigten Christus beherrscht. Unter dem Kruzifix befindet sich die symbolische Darstellung Christi als Opferlamm mit der Siegesfahne (Symbol für die Auferstehung), darunter die Einsetzungsworte und die Abendmahlssymbole Oplate und Kelch. Auf der rechten Altarseite sind die Opfergestalten Aaron und Isaak dargestellt. Auf der linken Abel und Melchisedek.

Auf der Rückseite des Altars (Umgang) befindet sich ein Relief, das die Grablegung Christi darstellt. Außerdem befindet sich dort eine Steintafel mit den Namen von Gefallenen (Opfern) des Ersten Weltkrieges. Das Fensterbild direkt über dem Altar zeigt den auferstandenen Christus umgeben von Mond und Sternen (Zeichen für die Allmacht Gottes). Auf den nebenliegenden Festern sind die vier Evangelisten (Matthäus, Markus, Lukas und Johannes) abgebildet.

Auch auf der Kanzel sind die vier Evangelisten zu sehen: Matthäus (symbolisiert durch den Menschen), Markus (symbolisiert durch den Löwen), Lukas (symbolisiert durch den Stier) und Johannes (symbolisiert durch den Adler). Auf dem Schalldeckel sind die Propheten des Alten Testamentes und die Verkünder des Heils dargestellt.

Das Taufbecken, auf dessen Deckel die Taufe Jesu durch Johannes dargestellt ist, ruht auf sechs Löwen. Auf dem oberen Rand stehen die Einsetzungsworte: "Gehet hin in alle Welt..."

Kriegsschäden

Im Zuge der Bombenangriffe während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) wurde die, zum 75. Jahrestag der Grundsteinlegung ( 21.9.1934 ), frisch renovierte Kirche mehrmals schwer beschädigt. Der Innenraum mit dem hölzernen Kirchengestühl brannte am 25.3.1945 völlig aus. Ebenso die Orgel und der Glockenstuhl mit den drei großen, mehr als 6 Tonnen schweren Stahlglocken, welche den Sturz aus über 20 m Höhe nahezu unbeschädigt überlebten.

Wiederaufbau

Der Wiederaufbau begann 1951 und dauerte 8 Jahre. Zunächst mußten das Dach und die Fenster wiederhergestellt werden. Dabei war eine Großspende eines ehemaligen Gemeindemitglieds aus Cincinati (USA) sehr willkommen. Weitere Renovierungsmittel wurden von Gemeindemitgliedern, der Landeskirche und dem neugegründeten Kirchbauverein aufgebracht, so daß am Heiligabend 1953 erstmals wieder ein Gottesdienst stattfinden konnte.

Das Innere der Kirche wurde nach stilgetreuer Erneuerung der zerstörten Gewölbe und Fenster vollkommen neu gestaltet. Kanzel, Kronleuchter, Taufbecken und ein Teil des alten Gestühls wurden sorgfältig restauriert und zusammen mit den geretteten Bruchstücken an geeigneter Stelle wieder eingebaut.

Im Turm wurde ein 22,6 m hoher Glockenstuhl für die drei, noch im Original von 1883 erhaltenen, Glocken eingebaut. Die vier seitlichen Schallöffnungen wurden repariert und mit Jalousiebrettern verschlossen. Die an der Südfront des Turmes gelegene Taufkapelle erhielt ein neues Buntglasfenster und eine Stahlglaswand als Begrenzung zur Kirche. Auf der Nordseite des Turms wurden eine ganze Reihe von übereinander liegenden Räumen eingebaut und durch ein neues Treppenhaus erschlossen.

Den Abschluß der nach dem Kriege durchgeführten Renovierungsarbeiten bildete der Einbau der neuen Orgel durch Orgelbaumeister Hillebrand. Sie konnte am 4. Advent 1958 eingeweiht werden, und befindet sich - was selten ist - bis heute im Originalzustand. Für Umbau und Wartung fehlte bislang immer das Geld.

Außensanierung

Im Jahr 1985 wurde die Nordstadt städtisches Sanierungsgebiet. An der Christuskirche wurden zunächst am Turm, dann außen an der Nordseite umfangreiche Restaurierungsarbeiten an den Backsteinfassaden vorgenommen. Der Bau des 1993 fertiggestellten U-Bahn-Tunnels sorgte für Unterbrechungen.

Die schrittweise Außenrenovierung der Kirche wurde 1995 durch den Einbau von Buntglasfenstern, die den historischen Vorbildern nachempfunden sind, fortgesetzt. Für die Rekonstruktion und den Erhalt der Kirche wurde 1995 erneut ein Kirchbauverein gegründet. Als Hauptaufgaben wurden die Erneuerung der Heizungsanlage und die notwendige gewordene Reparatur der Orgel mit ihren 54 Registern und 4300 Pfeifen genannt, von denen die größte eine Länge von 16 Fuß (4,80 m) und einen Durchmesser von 30 cm hat.

Im Jahr 1996 wurde die Taufkapelle vollkommen ungestaltet und bietet seither als "Oase im Turm" in zwei Ebenen Raum für Begegnung, Besinnung und Andacht. Die Lautsprecher- und Verstärker­anlage konnte 1997 erneuert und durch eine Induktions­schleife für Schwer­hörige ergänzt werden. 1999 wurde dann auch der umgebende Kirchplatz völlig neu gestaltet.

Mit dem Projekt "Diakoniekirche" war die Christuskirche Teil der EXPO 2000 in Hannover.

Bei den laufenden Arbeiten am Ostchor wurde Ende 2002 ein unerwarteter Fund gemacht. In der alten Bekrönung, deren Teile in der Kirche aufgestellt wurden, befanden sich in einem verschlossenen Metallzylinder ein historischer Stadtplan von Hannover, alte Zeitungsausgaben und ein handschriftliches Verzeichnis aller am Kirchbau beteiligten Firmen und Handwerker.

2006 wurden alle Gerüste abgebaut und die Außenrennovierung für beendet erklärt. Feuchte Stellen an der Südfassade wiesen jedoch auf ein ungelöstes Problem mit dem Dachstuhl hin. Genauere Untersuchungen zeigten, dass dies auf einen, beim Wiederaufbau unentdeckten, Statikfehler zurückzuführen ist.

Im Juni 2007 wurde der Kirchplatz zu Ehren des Kirchbaumeisters in "Conrad-Wilhelm-Hase-Platz" umbenannt.

Mit dem Start der "Gartenregion Hannover" wurde die Kirche 2009 von Künstlern und Gartenbaumeistern in einen Garten Eden verwandelt. Ein attraktives Besucherprogramm lockte zwischen Ostern und Erntedank mehr als 50.000 Besucher in die "Garten.Eden.Kirche".

Innenrenovierung, Umbaupläne

Für die ab 2010 geplante Innerenovierung fehte das Geld. Weil die alte E-Heizung nach Wiedereinbau der Bänke nicht mehr zu gebrauchen war, blieb die Kirche im Winter ungeheizt.

Im Dezember 2010 wurde an der Orgel massiver Schimmelbefall diagnostiziert. Ein im Frühjahr 2011 erstelltes Gutachten sprach von einem erhöhten Gesundheitsrisiko durch Pilzsporen. Die Orgel musste daraufhin demontiert und eingelagert werden.

Im Dezember 2011 konkretisierten sich die Pläne zum Umbau als Chorzentrum für Kinder- und Jugendchöre. Beabsichtigt ist der Einbau eines rund 160 qm großen, schräg zur Orgelempore aufsteigenden Probenraumes, der gleichzeitig als Besuchertribühne dient. Weitere Umbauten sind im unteren Teil des Kirchturms geplant. Im Januar 2012 begannen die Bauarbeiten. Zur finanziellen Unterstützung wurde ein Förderverein gegründet.

Im Sommer 2012 wurde im Dachstuhl Hauschwamm entdeckt. Große Teile der Holzbalkenkonstruktion mußten ausgetauscht und das Dach komplett neu eingedeckt werden. Dies führte zu erheblichen Bauverzögerungen.

Zur 150-Jahr-Feier der Kirche (im September 2014) konnte der neue Probenraum endlich eingeweiht werden. Altar-, Kanzel- und Orgelsanierung, sowie zusätzliche Akustikmaßnahmen sollen - sofern finanzierbar - in späteren Bauabschnitten folgen.